Was würdest du dir wünschen?

Als ich neulich den Disneyfilm „Aladin“ sah, schlüpfte ich in die Rolle des Helden und stellte mir beim späteren Nachdenken über den Film die Frage: „Was würde ich wohl wählen, wenn mir Gott drei Wünschen freistellen würde?“ Sogleich kam mir die Geschichte von Salomos Traum in den Sinn. Als Gott ihn dazu aufforderte, ihm zu nennen, was er gerne hätte, bat er Gott um Weisheit für seine Herrschaft über Israel. - Und ich, würde auch ich Weisheit wählen? Allerdings stehe ich nicht in der Verantwortung, Israel regieren zu müssen, wie Salomo es tat. Vielleicht würde ich mir Heiligkeit wünschen. Doch schliesslich legte ich diese Gedanken auf die Seite …
… bis sie jedoch einige Tage später wieder kamen. Inzwischen wusste ich, was ich wählen würde: Ich wünschte, ich könnte etwas Gesagtes wieder rückgängig machen, eine gedankenlose Bemerkung, die zwar ohne feindselige Absicht, aber dennoch böse und rücksichtslos war.
Wenn wir am Ende eines Tages einen Wunschgutschein einlösen könnten, wie oft müssten wir ihn wohl dafür verwenden, von uns Gesagtes wieder ungeschehen zu machen? Sehr oft könnten wir einen solchen Gutschein gebrauchen, denn wie schnell fällt doch bei einer gewöhnlichen Plauderei ein dummer Witz oder eine verletzende Bemerkung. Vielleicht hast du in deiner Aufregung einfach drauf los geredet, aber dabei genau gemerkt, was für ein Geplapper du von dir gibst. Mitten im Ärger schleicht sich schnell ein scharfer Unterton in den Dialog mit deinem Ehepartner, deinen Kindern oder Nachbarn ein. Nachdem dir dieser Fehler passiert ist, versuchst du vielleicht, alles zu erklären, wobei du es dadurch aber nur noch schlimmer machst. Und die Liste könnte noch fortgesetzt werden. Jakobus sagt treffend: Wer sich in seinen Worten nicht verfehlt, ist ein vollkommener Mensch und kann auch seinen Körper beherrschen! (Jak 3,2)

 

Der Kampf um eine konstruktive Sprache

Die Bibel fordert uns dazu heraus, die Bedeutung von dem, was wir sagen, nicht zu unterschätzen. Einst beschrieb Jesus den Tag des Gerichts als den Augenblick, in den wir Rechenschaft „für jedes unnütze Wort“ ablegen müssen. Unser Wortgebrauch macht den Unterschied zwischen Erlösten und Verlorenen aus. Aufgrund deiner Worte wirst du freigesprochen und aufgrund deiner Worte wirst du verurteilt werden. (Mt 12,37) Der Kampf, die Zunge im Zaum zu halten ist der Kampf, Gott die Treue zu halten. Die Sprache ist darum so wichtig, weil sie zeigt, wer du wirklich bist. Gute Bäume tragen gute, und schlechte Bäume tragen schlechte Früchte. Jeder Mensch bringt das hervor, was in ihm ist. Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund! (Lk 6,43-46) Aus diesem Grund ermahnt auch Paulus diejenigen, die den alten Menschen abgelegt haben: Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt. (Eph 4,29)

 

Destruktives Gerede

Beim bösen Wort geht es nicht nur darum, dass jemandem ein dummer Satz oder ein unpassendes Wort herausgerutscht ist. Ebensowenig geht es nur um etwas, das man gleich wieder zurücknehmen möchte. Einiges, das aus unserem Munde kommt, ist aus anderen Gründen schlecht. Ein zweideutiger Witz oder ein Fluch, z.B., ist in seinem innersten Kern destruktiv. In diesem Fall geht es nicht darum, dass etwas zum falschen Zeitpunkt, zur falschen Person, oder im falschen Ton gesagt wurde. Beim üblichen Sprachgebrauch sind solche Faktoren zwar entscheidend, was jedoch Flüche und schmutzige Witze betrifft, so sind diese an sich schon böse. Solche Redewendungen sollte ein Christ unbedingt vermeiden.
Denk doch mal darüber nach: Solches destruktive Reden ist böse. Doch warum eigentlich? Es geht hier nicht um Tabuthemen, sondern um eine Ausdrucksweise, die eine oberflächliche, gotteslästerliche sowie verdrehte Weltanschauung widerspiegelt. Es ist die darin ausgedrückte Weltanschauung, die es böse macht. Das Wort "verdammt" kann z.B. entweder als Fluch oder auch richtig gebraucht werden. In seinem eigentlichen Sinn wird das Wort nicht als Verwünschung gebraucht, sondern es bezieht sich auf die göttliche Tat, dass Gott die Ungläubigen zur Hölle verdammt. Wenn allerdings Menschen diesen Begriff als Fluch gebrauchen, verharmlosen sie dabei dessen Bedeutung und leugnen Gottes Gericht. Ein falscher Sprachgebrauch zeigt sich aber auch, indem man gedankenlos Worte wie „Ach Gott!“ oder „Um Himmels willen!“ benutzt, um dadurch den eigenen Schreck oder Ärger auszudrücken.

 

Die Gesinnung dahinter

Ich habe ganz bewusst Beispiele gewählt, die verdeutlichen, welche Rolle eine gottlose Weltanschauung spielt indem sie sogar ein biblisches Wort in einen Fluch umwandelt. Obwohl „Verdammt“ und andere Ausdrücke zwar auch einen richtigen Kontext haben, trifft dies jedoch nur selten zu bei gott- oder körperbezogenen Begriffen, die sich "unter-der Gürtellinie" befinden, und gedankenlos oder pejorativ verwendet werden. Die meisten Formulierungen, die man als Flüche gebraucht, sind immer gotteslästerlich und somit falsch. Die Weltanschauung ist ihnen "eingefleischt". Derartige Worte stammen im Grunde von einer Denkweise, die Rebellion und Unglaube zum Ausdruck bringt – nicht so sehr darin, was beschrieben wird, sondern in der unterschwelligen Deutung, die sich im Begriff verbirgt. Es gibt eigentlich gar keine Möglichkeit, diese Redewendungen überhaupt richtig zu benutzen – sie müssen ganz einfach vermieden werden. Die Bibel bestätigt dies: Niemand kann sagen: „Verflucht sei Jesus!“, wenn in ihm der Heilige Geist wirkt. (1.Kor 12,3a). Noch mehr Beispiele sollten in diesem Zusammenhang erst gar nicht erwähnt werden, denn man muss sich schämen, von dem, was sie heimlich tun, auch nur zu reden (Eph 5,12). Entschiedene Christen durchschauen derartige Formulierungen in der Regel als den Ausdruck einer gottlosen Gesinnung und beurteilen ihren Gebrauch als schlecht.

 

Wenn Worte ihren moralischen Klang verlieren

Verwünschungen und zweideutige Witze sind jedoch nicht die einzigen Begriffe, die ihren Ursprung in einer gottlosen Weltanschauung haben. Viele unserer alltäglichen Redewendungen und gewöhnlichen Bezeichnungen stimmen insgeheim mit unbiblischen Denkmustern überein. Verdreht die Welt nicht den ursprünglichen Sinn des Wortes „Ehebruch“, indem sie dieses lediglich als „Affäre“ bezeichnet? Nimmt sie ihm dadurch nicht seinen moralischen Wert und schliesst jeden Protest aus? Ist das Ersatzwort nicht deshalb gewählt worden, weil es so wenig „Moralin“ enthält? „Ehebruch“ klingt sehr schuldbehaftet, wohingegen „Affäre“ oder „Seitensprung“ viel harmloser oder gar lässig anmuten. Die Welt ist ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, ihre Verhaltens- und Redeweise als normal, akzeptabel und sogar korrekt zu verkaufen. Indem man „Unzucht“ als „miteinander schlafen“ bezeichnet, wird jede Art von Missbilligung von vornherein ausgeschlossen. Das Wort „sexuell aktiv sein“ impliziert schon, dass Enthaltsamkeit langweilig bzw. „out“ ist.
Was man einst „Sodomie“ nannte (von seiner ersten Erwähnung in Sodom, vgl. 1. Mose 19), wurde bald zur „Homosexualität“, dann zu „schwul“ und schliesslich bezeichnete man es nur noch als „sexuelle Neigung“ oder „alternativen Lebensstil“. Inzwischen wird sogar die moralische Entrüstung über eine derartige Perversion herabsetzend als „intolerant“, „moralisierend“, oder "verklemmt" abgestempelt.

 

Die Weltanschauung in unserer Sprechweise

Die bisherigen Beispiele sind allgemein bekannt, und ihr unbiblisches Gedankengut ist offensichtlich. Christen müssen auf ihre Sprache achten, damit sie nicht unbewusst der weltlichen Denkweise zustimmen oder diese sogar ganz übernehmen.
Wir wollen dieses Thema jedoch noch weiter vertiefen: Wo auch immer Rebellion und Unglaube in der Sprache zum Ausdruck kommen, müssen diese bekämpft und abgelegt werden. Bis jetzt sind wir nur auf eindeutige Beispiele für destruktive Sprache eingegangen. Fluchen, zweideutige Witze und Moral-entleerte Umformulierungen wurzeln ganz offensichtlich in einer gottlosen Gesinnung.

 

Verantwortung(s)-los sein?

Nun zu einem weniger offensichtlichen Fall, nämlich wie man heutzutage Sprache einsetzt, um sich seiner Verantwortung für sein Verhalten zu entziehen. Zunächst geht es darum, wie die Welt über eindeutige Sünden spricht. In unserer Gesellschaft ist es z.B. üblich, Geld "grosszügig" auszugeben. Nur noch selten hört man das Wort „verschwenderisch“, um diesen Lebensstil zu beschreiben. Man sagt heute eher: "Es geht uns gut" und „Man gönnt sich ja sonst nichts“. Ungehorsames Verhalten betrachtet man als „Problem“ statt als „Sünde“. Wenn jemand murrt und sich beklagt, wird dies als „ehrlich“ bzw. „sagen, wie man sich fühlt“ angesehen. Selbst in der Kirche tarnen wir schlechtes Gerede übereinander ganz fromm als „Anteilnahme“ oder „Rat suchen“, statt die Sünde durch die Bezeichnung „Geschwätz“ oder „Verleumdung“ ganz klar beim Namen zu nennen.
Wir sollten besser verstehen lernen, was hier eigentlich abläuft. Begriffe beschreiben nicht nur, sondern deuten auch immer schon. Beim Wort „Geschwätz“ kommen uns zu Recht automatisch biblische Bilder und Ermahnungen in den Sinn – so wie es auch sein sollte. Wenn wir allerdings versuchen, denselben Ausdruck wertneutral zu gebrauchen, so ist dies ein unbiblischer Weg. Gott nennt die Dinge immer beim Namen, und bei ihm sind Worte nie wertneutral.

 

Dinge beim Namen nennen

In unserer Gesellschaft, die so stark von der Aufklärung geprägt ist, neigen wir dazu, Wertneutralität als erstrebenswert anzusehen. Doch dies stimmt nicht! Unsere Welt ist voll von Gottes Stimme. Seine gesamte Schöpfung sowie sein Herrschaftsbereich bezeugen ihn zu seiner Ehre und verherrlichen ihn. „Wertneutralität“ zeugt im Grunde genommen von Unglauben, denn in ihrem Kern verbirgt sich die Weigerung, Reden und Denken von Gottes Perspektive her bestimmen zu lassen. Wertneutrales Reden versäumt es, einer verlorenen Welt Gottes Wahrheit zu verkündigen und sie zur Umkehr zu rufen. Fordert uns Gottes Sicht nicht geradezu heraus, im Gespräch mit Kollegen „Ehebruch“ bzw. „Unzucht“ beim Namen zu nennen, statt den Sinn dieser Worte zu verharmlosen? Will nicht der Ausdruck „alternativer Lebensstil“ im Endeffekt das Gewissen beruhigen und Gottes Urteil abschwächen? Unsere Sprache sollte eigentlich Gottes Sichtweise im Gegensatz zum destruktiven weltlichen Denken zum Ausdruck bringen. Als Christen leben wir nicht „neutral“, sondern wir leben für IHN! Und ebensowenig sind Ungläubige „neutral“, weil sie gegen IHN sind! Die Art und Weise, wie wir reden, sollte also widerspiegeln, für wen wir leben, so dass „alles zur Ehre Gottes geschieht – ob wir essen, trinken oder was wir auch tun!“ (1.Kor 10,31).
Die „Allerweltsprache“ reduziert ihre Verantwortung zudem dadurch, wie sie über Gefühle und Verhaltensmuster spricht bzw. wie sie diese um-benennt. Wie in den bisher genannten Beispielen schon erwähnt, prägt die Welt neue Begriffe, um die Aufmerksamkeit von der persönlichen Verantwortung und Sünde abzulenken: Einerseits entzieht sie sich ihrer Verantwortung, indem sie so tut, als sei weniger die betroffene Person als vielmehr die Umstände oder "die Anderen" Subjekt und somit die Ursache. „Du nervst mich “, „sein Verhalten machte mich bitter“ oder „das schwere Leiden verringerte mein Verlangen nach Gott“. Hier können wir scheinbar gar nichts für unsere Reaktionen, da diese lediglich situationsbedingt und einfach vorhanden sind.
Andererseits versucht die Welt, Sünde dadurch zu eliminieren, dass sie entschärfende bzw. wertneutrale Umschreibungen für bestimmte Lebenserfahrungen sucht. Der Christ hingegen unterscheidet beispielsweise zwischen Hoffnungslosigkeit, Enttäuschung, Traurigkeit, Depression, Schuld, Angst, Zorn und Kummer. Biblisch gesehen beschreibt jeder Begriff einen ganz bestimmten Sachverhalt, und jedes Gefühl ist in einen entsprechenden Kontext eingebunden. Der Ungläubige versucht nun, alle diese Ausdrücke in eine (nichts-sagende) „wertneutrale“ Kategorie zu pressen, wie "gestresst", "fertig", oder "deprimiert". Sündige Verhaltensmuster, die Menschen entzweien, gelten als „verschiedene Wellenlängen", gegen die man angeblich nichts machen kann. Sündige Gebundenheiten werden nur noch „Krankheit“, „unwiderstehliche Zwänge“ oder ganz einfach „Sucht“ genannt. Solche Umschreibungen ignorieren jedoch Gottes Sicht dieser menschlichen Erfahrungen. Sie lenken das allgemeine Denken der Welt dahin, diese Gefühle, Handlungen und Meinungen als normal und natürlich zu betrachten.
Diese Schritte, die von der göttlichen Perspektive wegführen, geschehen häufig unbemerkt. „Ich war nur schlecht gelaunt“ oder „genervt“ - man nennt es nicht „lieblos“ oder „unfreundlich“. Anstatt zu sagen „ich habe die biblische Perspektive verloren“ bzw. „die Hoffnung aufgegeben“, heisst es heute nur noch: „ich bin so gefrustet“. Wie wir in diesen Beispielen klar erkennen, kann man nicht „wertneutral“ sprechen. Der Ungläubige versucht dies zwar, um sein destruktives Verhalten zu rechtfertigen, doch ist sogenannte „Neutralität“ letztendlich versteckte Rebellion gegen Gott.

 

Und die Christen?

Doch Halt! Tatsächlich hören wir diese Beispiele nicht nur am Arbeitsplatz, sondern genauso auch in der Kirche, obwohl wir es doch eigentlich besser wissen sollten! Was aber macht diese Begriffe so geläufig und attraktiv? Eine mögliche Erklärung hierzu wäre: Der Gebrauch von abschwächenden Umschreibungen ist für den Ungläubigen darum so reizvoll, weil diese Ausdrücke seine Rebellion vertuschen und der Sünde einen normalen Klang verleihen. Logischerweise ist diese falsche Dynamik für den Christen in gleichem Mass verlockend, da sie ausserdem unsere Neigung zum Selbstmitleid und zur Selbstgerechtigkeit zu legitimieren scheinen. Doch nicht nur das – oft werden situationsbedingtes Verhalten, innere Kämpfe, Versuchungen, Gedanken, Sehnsüchte und Erfahrungen bis ins kleinste Detail ausgebreitet:
„Nach einer harten Woche am Freitag Nachmittag, rief mich mein Chef in sein Büro, um mir innerhalb von fünf Minuten meine fristlose Entlassung mitzuteilen, ohne mir einen plausiblen Grund dafür zu nennen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wie ich aus seinem Büro gekommen bin. Wie konnte er es wagen? Ich wollte wegrennen oder ihn einfach niederschlagen, so schockiert und zornig war ich. Am liebsten hätte ich alles aufgegeben! Die nächsten drei Tage verbrachte ich halb depressiv aber zugleich so wütend, dass ich meinen Chef hätte umbringen können. Seine Nachricht war wie ein Schlag ins Gesicht, und dieser Zustand bereitete mir schlaflose Nächte, weil ich an nichts Anderes mehr denken konnte. Ich musste einfach aufhören, dran zu denken, weil ich mir hundert Mal vorsagte, was ich alles hätte erwidern sollen, und dabei vor Wut zitterte.“
Wenn wir dieser detaillierten Beschreibung zuhören, sind wir wahrscheinlich davon überzeugt, dass es tatsächlich so war und stimmen dem Betroffenen zu. Die präzise Erzählung lässt keinen Widerspruch zu, obwohl diese Art von Schilderungen nur einen Aspekt des Geschehens berücksichtigen, indem sie einerseits typisch menschliche Reaktionen bis ins kleinste Detail ausschmücken, andererseits aber geistliche Kämpfe erst gar nicht erwähnen. Obige Schilderung könnte nämlich auch ganz anders aussehen:
„Als ich aus dem Büro kam, musste ich so sehr gegen die Versuchung kämpfen, zornig zu sein, wie ich es in den ganzen drei Jahren, seit ich in diesem Geschäft arbeite, noch nie erlebt habe. Ich war so schockiert, dass ich es zuerst überhaupt nicht merkte. Ich erinnere mich zwar daran, ein Gebet um Hilfe gemurmelt zu haben, kämpfte aber gleichzeitig gegen den Ärger und überlegte, was mir da eigentlich gerade gesagt worden war. Plötzlich kam mir ein Vers in den Sinn, den ich einmal auswendig gelernt hatte: Gott steht zu euch. Er lässt nicht zu, dass ihr in der Versuchung zugrunde geht. Wenn euer Glaube auf die Probe gestellt wird, schafft Gott auch die Möglichkeit, sie zu bestehen. (1.Kor 10,13) Plötzlich sah ich die Situation so klar, als ob der Herr ein Licht im dunklen Raum angezündet hätte. Mir wurde bewusst, dass ich an einer Wegkreuzung stand: Ich hatte die Wahl, bitter, böse, voller Hass gegen meinen Chef und ohne eine weiteres Wort, die Arbeit zu verlassen, oder aber zu tun, was Jesus getan hätte: freundlich bleiben, Böses mit Guten vergelten und für meinen Vorgesetzten beten, um am Montag zufrieden zurückzukommen, meinen Schreibtisch aufzuräumen und den Arbeitsplatz zu verlassen …“

 

Wahrheit bis ins Detail

Worin besteht nun der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Berichten? Richtig, im ersten versucht die betroffene Person, anscheinend wertneutral und mit dem Recht auf ihrer Seite zu schildern, wobei sie jedoch den geistlichen Aspekt der Geschichte erst gar nicht erwähnt. Jegliches christliche Gedankengut wurde hier ignoriert, nämlich Gottes Ziel, seine Perspektive sowie die Tatsache, dass Versuchung einen geistlichen Charakter hat. Weggelassen wurde auch der Kampf, die Hoffnung nicht aufzugeben, das Ringen um eine richtige Antwort, und ebenso fehlte auch das Bemühen, eine Lösung des Problems zu finden. Die erste Schilderung rechtfertigt unterschwellig Ärger und Depression als ganz natürlich. Und von einem Blickwinkel gesehen entsprechen sie tatsächlich unserer (alten) Natur. Doch seitdem Jesus Christus uns gerettet hat, sind wir nicht mehr „natürliche Menschen“ (die von sich aus, mit ihren natürlichen Fähigkeiten, nicht erfassen können, was Gottes Geist sagt; 1.Kor 2,14). Da exakte Schilderungen eines Geschehens im Grunde genau richtig sind, sollten vor allem geistliche Kämpfe bis ins kleinste Detail ausgemalt werden, so dass gerade unsere Lehre anschaulicher und praktischer wird und auch die Realität widerspiegelt. Eine wahrheitsgetreue Erzählung beinhaltet aber auch eine ebenso richtige Deutung, die nur dann möglich ist, wenn wir alle Aspekte im Auge behalten.

 

Ich bin down/ so fertig

Wie ist es möglich, eine neue Perspektive zu gewinnen? Wie kann der Prozess der Erkenntnis und Reue über eine destruktive Sprache einsetzen? Fang am besten mit kleinen Schritten an! „Fertig“ sein ist ein abgeschwächter, wertneutraler Ersatz für Schwermut und Niedergeschlagenheit. Eigentlich könnte man den Sachverhalt oftmals als „Mangel an Hoffnung und Glaube“ oder „Ichbezogenheit“ beschreiben, da man eher auf unangenehme Umstände als auf Gottes umfassende Fürsorge fixiert ist. Wenn wir allerdings sagen „ich bin so fertig“, drücken wir dadurch nicht aus, dass etwas an unserer Haltung falsch sein könnte. Wie würden wir wohl reagieren, wenn uns ein Freund auf unsere Schuld hinweisen würde, nachdem wir ihm von unserem „Frust“ erzählt hätten? Wahrscheinlich ziemlich überrascht! Im heutigen Verständnis sind wir nicht frustriert, weil mit uns etwas nicht stimmt, sondern es sind die Umstände, die uns so fertigmachen, und während die Situation schuld ist, reagieren wir selbst ganz natürlich. So denken wir nicht nur, wenn wir betroffen sind, sondern auch wenn uns andere von ihrem Frust erzählen: der bzw. das andere ist schuld! Neigen wir nicht auch eher dazu zu fragen "was ist passiert?" als "warum reagierst du so auf das, was geschehen ist?"
Nehmen wir diesen Ausdruck etwas genauer unter die Lupe. Zum einen ist der Begriff „fertig sein“ bzw. „down“ ungenau, weil er verschiedenes bedeuten kann, wie z.B. Niedergeschlagenheit, Ärger, Hoffnungslosigkeit, Trauer, Missstimmung, Schmerz, Groll, Sorge, Kummer, Überführung oder auch Selbstmitleid. Andererseits erklärt „fertig sein“ nur ungenügend, warum wir uns so fühlen, da es sich fast ausschliesslich auf die Umstände bezieht. Doch dabei vernachlässigen wir völlig unsere eigenen Gedanken und Reaktionen, die uns dazu bringen, „frustriert“ zu sein.
Wir handeln nach folgendem Schema:
Situation -> Emotion
Hierbei fehlt allerdings der entscheidende Begriff in der Mitte:
Situation -> Person -> Emotion
Einmal mehr wird neutralisiert! In der ersten Darstellung wird durch die Auslassung der Person so verallgemeinert, dass es keine Rolle mehr spielt, ob sich ein Gläubiger oder ein Ungläubiger, Jesus selbst oder der grösste Sünder in einer bestimmten Lage befindet. Worte wie „richtig“ oder „falsch“ passen nicht mehr in das Denkschema – man ist halt einfach „frustriert“. Bei den oben aufgelisteten Begriffen wie Ärger, Sorge, Selbstmitleid etc. trifft dies jedoch nicht zu, da sie die Dinge beim Namen nennen und sehr wohl zwischen richtig und falsch unterscheiden.
Das zweite Modell verdeutlicht, dass die Person über die Reaktion entscheidet. Wenn jemand über den Tod seines Vaters trauert, wissen wir, dass er traurig ist, weil er einen Verlust erlebt hat. Seine Reaktion ist angebracht. Wenn er jedoch hoffnungslos, schwermütig, voller Selbstmitleid oder sogar Bitterkeit wäre, sollten wir anders reagieren! Genaue Worte geben uns entscheidende Informationen über eine Person, so dass wir angemessen reagieren, auf die Person eingehen und ihr eine biblische Perspektive vermitteln können. Die Welt hat in dieser Hinsicht nichts zu bieten. Wenn jemand „down“ ist, kann sie höchstens ein oberflächliches Mitgefühl zeigen oder eine leere Hoffnung ausdrücken, dass es „ja nur noch besser werden könne“. Es gibt aber keinerlei Aussicht auf eine echte Veränderung, keine Chance, dass es nächstes Mal auch wirklich besser wird.

 

Das Herz prüfen

Wenn sich die Bibel zu diesen frustrierten Empfindungen äussert, bezieht sie diese in erster Linie auf die Person selbst, auf Gott und seine Beurteilung der Gefühle, statt deren Ursache bei den Umständen zu suchen. Wenn der Beter von Psalm 42 und 43 „betrübt“ und „unruhig“ ist, liegt dies nicht daran, dass er nicht mit der Schar zum Haus Gottes pilgert, auch nicht weil er von seinen Feinden, von falschen und bösen Leuten verhöhnt wird (42,5.11; 43,1). Er macht zwar diese Erfahrungen, doch der wahre Grund seines Elends besteht darin, dass seine Seele nicht auf Gott hofft. Er selbst bezeichnet sich nicht als „down“, sondern er beschreibt es deutlicher: Warum nur bin ich so traurig? Warum ist mein Herz so schwer? Auf Gott will ich hoffen! (42,12; 43,5) Seine Seele soll sich nach Gott sehnen wie ein Hirsch nach frischem Wasser dürstet – darauf zielt der Psalm.
Wie anders ist die Sprache der Welt, die einerseits von Selbstmitleid geprägt ist, die aber andererseits die Schuld von sich weist! Der Psalmist hingegen zeigt durch seine Wortwahl, dass er sein Herz sorgfältige geprüft hat; er stellt das eigentliche Problem heraus und sucht bei Gott nach einer Lösung. Genau darauf kommt es auch bei deinem Wortschatz an. Dein Reden sollte nicht nur das undankbare Meckern der Welt vermeiden, sondern die geistliche Situation sowie deine eigene Reaktion genau beim Namen nennen. Weiter oben habe ich versucht, dies anhand einiger weniger Beispiele zu veranschaulichen, was jedoch erst der Anfang ist. Als Gläubige brauchen wir eine ganzheitliche christliche Redeweise und sollten uns bis ins kleinste Detail unseres Lebens auch als Christen verhalten. Dies meint keineswegs, dass wir ein „Insider-Christianesisch“ erfinden bzw. eine überfromme „Sprache Kanaans“ gebrauchen sollen, wodurch wir uns nur von der Welt absondern würden. Unser Ziel soll es sein, so zu reden, dass Gottes Wahrheit über uns selbst und über seine Schöpfung zum Ausdruck gebracht wird, sozusagen ein Reden, das die wertneutralisierende Sprache der Welt vermeidet.

 

Das Wörtchen „Weil“

„Weil“ ist ein so kleines Wort – und drückt doch so viel aus. Wir verwenden es meistens, wenn wir über die Ursache oder den Beweggrund für unser Verhalten sprechen wollen. Es geht hier also um Kausalität bzw. Motivation. „Warum habe ich das getan?“ – „Weil …“. Verrät uns die Bibel eigentlich irgendetwas darüber, warum wir so handeln, wie wir es tun? Unterrichtet sie uns darüber, was unsere Reaktionen hervor ruft? Ja, natürlich! Unsere Taten „offenbaren“ unsere innersten Motive. Wenn die Gedanken und Absichten des Herzens böse sind, dann werden sowohl unsere Sprache als auch unser Verhalten dies automatisch widerspiegeln. Wenn das Herz jedoch rein ist, wird sich dies auch auf unser Verhalten auswirken. Obwohl dies nur eine sehr kurze Zusammenfassung ist, entspricht dieses Schema genau dem, was die Bibel über die wahren Gründe und Motive unseres Verhaltens sagt.
Und genau hier sitzt der springende Punkt: Alle unsere Worte sowie alle unsere Handlungen reflektieren entweder Gehorsam oder Ungehorsam gegenüber Gott. „Böse Rede“ vermittelt was falsch bzw. gottlos ist. Worte veranschaulichen eine Weltsicht, indem sie enthüllen, was wir tatsächlich glauben, denn unsere Taten zeigen, was wir glauben. Lukas 6,45 bestätigt dies: Also wird ein guter Mensch auch Gutes tun, eben weil er gut ist. Aber ein böser Mensch wird schlecht handeln, weil seine Absichten und Gedanken böse sind. So wie unser Wesen ist – gut oder böse, so werden wir reden und handeln. Wir können also nichts verbergen, weil unsere Worte unseren wahren Charakter offenbaren. Deshalb besteht unsere Aufgabe im Bemühen darum, dass unsere Worte sowie unsere Taten biblischem Gedankengut entspringen, und somit die Prinzipien Gottes im täglichen Leben zum Tragen kommen.

 

Auf dem „Holzweg“

Eines Tages unternehmen Robert und Susan zusammen eine Wanderung. Der Weg ist schwierig, und es ist ein sehr heisser Tag. Nach 1 ½ Stunden geht ihnen das Wasser aus. Sie wandern weiter dem Grat entlang, aber sie finden keine Quelle. Nach einer weiteren Stunde kommen sie zu einem Wegweiser, der Robert zeigt, dass er wohl eine Wegkreuzung vor etwa 45 Minuten übersehen hat. Da sagt Susan schnippisch: „Na klasse, das ist ja grossartig! Vielen Dank, dass du mich hierher geschleift hast. Du bist echt ein ‚toller‘ Wegführer!“ Als Robert verlegen schweigt, realisiert Susan plötzlich, dass sie zu heftig reagiert hat und sucht sogleich nach einer Erklärung für ihr Verhalten:
a) Ich bin wirklich müde. Nimm’s nicht allzu schwer!
b) Ich bin halt so und kann manchmal etwas scharf sein. Das ist eben meine Art, mich mitzuteilen.
c) Meine Familie hat mich auch immer „angeschnauzt“. Ich nehme an, dass meine zynische Art von dort stammt.
d) Ich habe heute einen schlechten Tag. Das ist der Grund.
e) Es ist wirklich hart, durstig und verschwitzt zu sein und sich zudem noch zu verirren. Mir stinkt’s einfach!
f) Ich teile dir dadurch nur mit, wie ich mich fühle.
Du kannst dir all diese Reaktionen wahrscheinlich bildhaft vorstellen, als ob sie gerade geschehen würden. Doch welche von ihnen ist richtig? Welches Verhalten solltest du von einem Gläubigen in derselben Lage erwarten? Schau dir obige Liste nochmals an. Welche Antworten sind wirklich gerechtfertigt?
Keine von ihnen ist richtig, weil keine eine angebrachte biblische Erklärung für Susan’s Benehmen bietet. Susan’s Überreaktion ist falsch, sündig. Vielleicht spielen gewisse Umstände eine Rolle, wie z.B. ihre Erschöpfung, ihr Familienhintergrund oder verwandtschaftliche Verhältnisse. Diese begünstigen zwar diverse Versuchungen, mit denen sie konfrontiert wurde, erklären aber nicht, warum sie so scharf reagierte. Susan verhält sich sicherlich anders als üblich, weil sie müde und verschwitzt ist, von einer bestimmten Familie stammt oder einen „harten Tag“ hat. Doch keine einzige dieser Tatsachen, biblisch gesehen, verursacht ihr sündiges Verhalten. Keine sagt uns, warum sie sich so unfreundlich verhielt. Deshalb sollte sie nicht sagen: „Ich habe so reagiert, weil …“, und Gründe aufzählen, die letztlich nichts als Ausreden sind.
Erinnerst du dich, als wir weiter oben bemerkten, wie der Psalmist über sein Verhalten denkt und sich selbst erforscht? Nimm dir doch ein Beispiel an ihm. Betrachte auch die Lage von Robert und Susan aus einer Perspektive des Glaubens heraus!
Was verursachte ihr Benehmen? Denke an unsere obige Darstellung:
Situation -> Person -> Handlung/ Gefühl/ Verhalten
Die Bibel lehrt, dass Susan’s Benehmen nicht einer bestimmten Situation entspringt, sondern aus ihrer Person selbst stammt, als die sie auf ihre Lage reagiert. „Warum“-Fragen können somit nicht dadurch beantwortet werden, dass sie bei den Umständen die Ursache suchen, sondern sie müssen die Person selbst ins Auge fassen: Susan kritisierte Robert zynisch, weil sie …

 

Woher kommen unsere Reaktionen?

Lass mich noch ein einfaches Beispiel geben, das ich als Kind in der Sonntagsschule gelernt habe: Eine Person gleicht einem Schwamm, und die Umstände unseres Lebens sind es, die den Schwamm zusammen drücken. Was aus einem Schwamm fliesst, wenn man ihn auswringt, kommt darauf an, womit der Schwamm bereits getränkt ist. Wenn er mit Tinte vollgesogen ist, kommt auch Tinte heraus, und ebenso wird Wasser herausfliessen, wenn er mit Wasser durchnässt ist. Genauso verhält es sich auch im Leben als Christ: Bist du voll von weltlichen Sehnsüchten und egoistischen Begierden, dann spiegelt dein Benehmen dies automatisch wieder. Wenn dich aber Jesus erfüllt, dann bist du fähig, unangenehmen Umständen auf eine christusähnliche Art zu begegnen. Paulus beschreibt diese Dynamik: Ich bin nur ein zerbrechliches Gefäss für einen so kostbaren Inhalt. Denn man soll ganz deutlich sehen, dass die übermenschliche Kraft von Gott kommt und nicht von mir. Obwohl ich von allen Seiten bedrängt bin, werde ich nicht erdrückt. Obwohl ich oft nicht mehr weiter weiss, verliere ich nicht den Mut. … Die Lebenskräfte, die ich von Natur aus habe, werden aufgerieben, aber das Leben, das Gott mir schenkt, erneuert sich jeden Tag. Die Leiden, die ich jetzt ertragen muss, wiegen nicht schwer und gehen vorüber. Sie werden mir eine Herrlichkeit bringen, die alle Vorstellungen übersteigt und kein Ende hat. Ich baue nicht auf das, was man sieht, sondern auf das, was jetzt noch keiner sehen kann. Denn was wir jetzt sehen, besteht nur eine gewisse Zeit. Das Unsichtbare aber besteht ewig. (2.Kor 4,7-18)
Nun, die Situation drückt drückt den Schwamm zusammen und Tinte fliesst dabei heraus. Warum? Es gibt zwei mögliche Antworten:
1) Weil der Schwamm zusammengedrückt wird (warum Tinte herausfliesst)
2) Weil Tinte im Schwamm ist (warum Tinte herausfliesst)
Die Antwort der Bibel entspricht der zweiten. Sie setzt ihren Schwerpunkt vielmehr auf das Herz einer Person als auf die Umstände, die sie wie ein Schwamm auswringt. Für sie lautet die wesentliche Frage so: warum floss Tinte heraus statt etwas anderes? Und dies mit Recht! Denn sitzt nicht hier der springende Punkt in der Lage von Robert und Susan? Die Frage lautet nicht „Warum reagierte Susan?“, denn sie reagierte, weil sie ein Mensch ist! Immer, wenn man etwas macht, kommt dabei auch etwas heraus. Die Frage muss also präziser gestellt werden: „Warum hat Susan auf diese Art und Weise reagiert? Warum war gerade dieses Benehmen das Resultat? Susans Ausreden und Erklärungen sind verschiedene Möglichkeiten, um die Ursache beim „Zusammendrücken“ durch die Umstände zu suchen. Die Bibel hingegen sucht den Grund immer zuerst in der Person selbst. Susan’s giftige und lieblose Worte sind ihr nicht aufgrund der Hitze, ihrem Durst, ihrem Familienhintergrund bzw. Robert’s Irrtum herausgerutscht, sondern sie stammen aus ihrem unreinen Herzen.

 

Bühnenbild und Schauspieler/ Hinter den Kulissen

Dieses anschauliche Bild wirft eine umfassender biblische Frage auf: in welcher Beziehung stehen schwierige, schmerzhafte oder auch angenehme Situationen zu unserem Verhalten. Umstände kann man am besten mit einem Bühnenbild bzw. der Kulisse in einem Theater vergleichen, die die Umrahmung darstellen, jedoch nicht die Handlung. Wenn uns gesagt wird, dass sich eine Szene auf dem Bahnhof abspielt, wissen wir noch nichts über das eigentliche Stück, ob es z.B. fröhlich, spannend oder aber traurig ist. Das Gleiche gilt ebenso für unsere Situationen, in denen wir uns befinden. „Ich bin in meiner Familie misshandelt worden“ könnte der erste Satz einer Geschichte von Gottes Treue und Befreiung sein, oder der Anfang einer Story, die von Selbstmitleid und Bitterkeit geprägt ist. Jede Situation hat zwar ihre typischen Versuchungen und Reize, doch wird unser „Lebensdrama“ von unserem Herzen her gelenkt, das die Rolle des Schauspielers in unserem „Lebensstück“ einnimmt. Lies dazu 5. Mose 8,2-6:
Und du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich diese vierzig Jahre in der Wüste hat wandern lassen, um dich zu demütigen, um dich zu prüfen und um zu erkennen, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht. Und er demütigte dich und liess dich hungern. Er speiste dich mit Manna, das du nicht kanntest und das deine Väter nicht kannten, um dich erkennen zu lassen, dass der Mensch nicht von Brot allein lebt, sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN hervorgeht. Deine Kleidung an dir ist nicht verschlissen, und dein Fuss ist nicht geschwollen diese vierzig Jahre. So erkenne in deinem Herzen, dass der HERR, dein Gott, dich erzieht, wie ein Mann seinen Sohn erzieht. So halte nun die Gebote des HERRN, deines Gottes, indem du auf seinen Wegen gehst und ihn fürchtest.
Das waren harte Umstände! Gott aber hatte eine Absicht damit, die Wüste als "Hintergrund" oder "Bühnenbild" zu bestimmen: um sein Volk zu demütigen, zu prüfen und zu lehren. Der Text geht weiter:
Denn der HERR, dein Gott, bringt dich in ein gutes Land, ein Land von Wasserbächen, Quellen und Gewässern, die in der Ebene und im Gebirge entspringen, ein Land des Weizens und der Gerste, der Weinstöcke, Feigenbäume und Granatbäume, ein Land mit ölreichen Olivenbäumen und Honig, ein Land, in dem du nicht in Armut dein Brot essen wirst, in dem es dir an nichts fehlen wird; ein Land, dessen Steine Eisen sind und aus dessen Bergen du Kupfer hauen wirst. Und du wirst essen und satt werden, und du sollst den HERRN, deinen Gott, für das gute Land preisen, das er dir gegeben hat. Hüte dich, dass du den HERRN, deinen Gott, nicht vergisst, indem du seine Gebote und seine Rechtsbestimmungen und seine Ordnungen, die ich dir heute gebiete, nicht hältst – dass du nicht, wenn du isst und satt wirst, schöne Häuser baust und bewohnst und deine Rinder und deine Schafe sich vermehren und dein Silber und Gold sich mehren, und alles, was du hast, sich mehrt, dass dann nicht dein Herz sich erhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergisst, der dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausführte … und du dann nicht in deinem Herzen sagst: Meine Kraft und die Stärke meiner Hand hat mir dieses Vermögen verschafft. (5.Mose 8,7-14.17)
In diesem Abschnitt geht es um eine andere Situation – das genaue Gegenteil von der ersten (V.2-6). Gott konzentriert sich im ganzen Text nur auf das Herz. Beide Situationen testen sein Volk. Die Prüfungen sind zwar unterschiedlich (Leid/ Erfolg), aber die Frage ist immer, ob Gottes Volk gerecht oder sündig reagiert. Die Entbehrungen in der Wüste (wie z.B. Robert und Susan ohne Wasserflasche!) drucken uns auf eine bestimmte Art zusammen. Wird Klagen oder Glauben herauskommen? Das verheissene Land (wie z.B. Robert und Susan wieder im Auto mit vollem Feldflasche) druckt auf eine andere Art zusammen. Werden sie Gott vergessen oder ihm danken? Die Frage ist immer, wie man reagiert. Das ist es, worüber Gott spricht. Ihm geht es allein um diese Reaktion! Die Umstände stellen die Kulisse dar; Gottes Interesse hingegen ist das Schauspiel selbst. Er will wissen, ob unser Herz richtig reagiert. Sehen wir uns noch einen anderen Kommentar der Bibel an, der diese Wüstenzeit Israels behandelt:
Denn ich will nicht, dass ihr im Unklaren darüber seid, Brüder, wie es unseren Vorfahren in der Wüste ergangen ist. Sie waren alle unter der Wolke, und alle durchquerten das Meer. Sie alle wurden durch die Wolke und das Meer auf Mose getauft. Alle assen auch dieselbe geistliche Speise und tranken denselben geistlichen Trank. Sie tranken aus dem geistlichen Felsen, der mit ihnen ging, und dieser Fels war kein anderer als Christus. Trotzdem verwarf Gott die meisten von ihnen und liess sie in der Wüste sterben. Diese Dinge aber sind als Vorbilder für uns geschehen, damit wir nicht wie sie unser Verlangen auf das Böse richten. Werdet auch nicht Götzendiener, wie einige von ihnen es wurden, wie geschrieben steht »Das Volk setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und stand auf, um zu tanzen.« Auch laßt uns nicht Hurerei treiben, wie einige von ihnen Hurerei trieben: und an einem einzigen Tag kamen dreiundzwanzigtausend um. Laßt uns auch nicht Christus versuchen, wie einige von ihnen ihn versuchten und wurden von den Schlangen umgebracht. Murrt auch nicht, wie einige von ihnen murrten und wurden umgebracht durch den Verderber. Dies widerfuhr ihnen als ein Vorbild. Es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf die das Ende der Zeiten gekommen ist. Darum, wer meint, er stehe, mag zusehen, daß er nicht falle. Bisher hat euch nur menschliche Versuchung getroffen. Aber Gott ist treu, der euch nicht versuchen läßt über eure Kraft, sondern macht, daß die Versuchung so ein Ende nimmt, daß ihr's ertragen könnt. (1.Kor 10,1-13)

 

Worauf konzentriert sich Gott?

In dieser Text birgt sich eine lebensverändernde Wahrheit. Denke einmal über eine derartige Situation nach und versetze dich in Israels Lage! Wie würdest du reagieren, wenn du nur eine einzige Kleiderkombination hättest (die sich allerdings nie abnutzen würde!), kein festes Zuhause, keine sichere Zukunft, zudem stechende Hitze ertragen müsstest, nichts als Sand ringsherum, Gefahr von kriegerischen Nachbarn, oft kein Wasser und keine Abwechslung im Menü- oder Tagesplan? Das wäre wirklich hart! Kämpfe gegen Unzufriedenheit wären eigentlich zu erwarten. Wir wären zumindest dazu geneigt, einem Klagenden unser Mitgefühl auszudrücken. Vielleicht kannst du dir ausmalen, worüber sich eine kleine Gebetsgruppe in der Wüste in folgender Situation ausgetauscht hätte: Die Israeliten waren gerade dabei, sich häuslich niederzulassen und ihre Zelte endlich wieder gemütlich einzurichten, als sich die Wolke plötzlich wieder in Bewegung setzt und das Volk erneut zum Aufbruch ruft. Eine solche Lage ist tatsächlich hart!
Doch worauf konzentriert sich Gott in 1.Korinther 10? Er übersieht völlig die (eigentlich) „mildernden“ Umstände und konzentriert sich ausschliesslich darauf, dass die Israeliten murren, ihn versuchen, sich der Unzucht hingeben, nach Bösem verlangen und Götzendienst treiben. Und Gott hat allen Grund dazu! Er interessiert sich für das „Drama“ selbst und warnt uns, dass sich dieses in unserem eigenen Leben nicht wiederholt. Dasselbe „Schauspiel“ könnte nämlich ebenso in einer völlig anderen Umrahmung, die nichts mit der Wüste Sinai zu tun hat, stattfinden. Es könnte sich in unserem Leben abspielen - und das weiss Gott genau! Darum stellt er auch in seiner Weisheit unseren „Hintergrund in den Hintergrund“, denn bezüglich dem, was sündiges Verhalten verursacht, sind die Umstände belanglos. Vielleicht neigen wir unter schwierigen Umständen eher dazu, uns zu beschweren oder überheblich zu werden, wenn alles gut geht – jedenfalls stehen wir ständig in der Gefahr dieser Sünden, weil sie nicht durch Umstände verursacht werden. Sowohl Murren also auch Hochmut stammen aus einem unreinen Herzen.

 

Eine Doppelursache gibt es nicht

Wir sind oftmals versucht zu denken, dass diese sündigen Reaktionen sowohl aus unserem Herzen stammen, als auch durch unsere schwierigen Umstände verursacht werden. Genau darin besteht die subtile Versuchung der Selbstgerechtigkeit: zwar beschuldigen wir uns selbst - jedoch nur teilweise; wir übernehmen zwar zum Teil Verantwortung – aber eben nur zum Teil. Erinnere dich noch einmal an Gottes Kommentar über Israels Wüstenwanderung. Hier gibt es keinerlei Hinweis auf eine derartige „Doppel-Ursache“. Wie könnte es auch eine solche geben? Sieh dir noch einmal 5. Mose 8 an. Vermutlich wäre Israel sicher ins verheissene Land eingezogen, wenn es keine Feinde gegeben hätte, weder Hunger noch Durst, dafür aber eine schnelle Reise. Gott sagt allerdings hierzu, dass ER seinem Volk Israel diese Schwierigkeiten schickte, um sie zu prüfen, „um zu erkennen, was in eurem Herzen ist“. Wenn wir sagen, Israel hätte sich aus zwei Gründen beklagt, nämlich einerseits weil sie Sünder waren, und andererseits weil ihre Lage wirklich sehr hart war, so machen wir Israel nur zum Teil für seine Reaktionen verantwortlich, doch zum anderen Teil Gott selbst. Nein, das ist unmöglich! Sondern: Die Israeliten konnten nicht ins verheissene Land einziehen, weil sie sündigten, und sie sündigten, weil sie sich in ihrem Herzen gegen Gott auflehnten.
Warum aber ist dies so wichtig? - wir sind alle wie Susan. Wir neigen dazu, unser sündiges Verhalten dadurch zu erklären, indem wir lediglich über die Umstände sprechen. Wir sagen dann, wir hätten etwas getan, weil … , aber wir geben nicht zu, dass unser böses und unreines Herz die einzige Ursache darstellt. Ist das denn wirklich so schlimm? Ja! Dieses Muster spielt sich zwar auf eine sehr subtile Weise ab, aber derartige Erklärungen über mögliche Ursachen und Motive greifen letztlich Gottes Wahrheit selbst an. Indem wir uns nur halbwegs entschuldigen oder uns gar herausreden, können wir für unser Verhalten auch nicht richtig Busse tun. Indem wir - statt auf uns selbst - immer wieder auf unsere Umstände hinweisen, verlieren wir zunehmend den Glauben daran, dass eine echte Veränderung tatsächlich möglich ist, selbst wenn unsere Lage wieder sehr unangenehm ist.
Susan hat keine Garantie dafür, dass sie und Robert sich nicht auf der nächsten Wanderung (oder sogar schon auf dem Rückweg) erneut verlaufen. Wenn dies der Grund ist, warum sie „ausflippte“, dann wird sie das nächste Mal wieder so reagieren, doch in Christus hat sie eine grössere und wirklichere Hoffnung: sie hat das Evangelium, das sie verändert. Wenn sie sich vom Heiligen Geist erneuern lässt, dann braucht Robert beim nächsten Ausflug keine unfreundlichen Worte mehr zu fürchten – auch nicht den innerern Ärger, sowie die Lieblosigkeit, den diese ausdrücken. Gottes Ziel ist, dass Susan in einer ähnlichen Situation fähig ist, freundlich, gelassen und in Liebe zu reagieren. Vielleicht wird sie darüber lachen können und den Rückweg trotzdem geniessen! Vielleicht wird sie durchbeissen ohne sich zu beschweren, und mit Dankbarkeit zu Gott Wasser am Ende des Wegs trinken.
Gottes Weg ist richtig. Unsere Wege sind töricht. Wir müssen uns darin üben und Herr darüber werden, in jedem Gebiet unseres Lebens Gottes Wahrheit entsprechend zu leben. Der Gebrauch des Wörtchens „weil“ ist eine kleine Sache, doch unsere halbherzigen Entschuldigungen, unsere oberflächliche Busse bzw. unser Kleinglaube, weil wir Bequemlichkeit der Christusähnlichkeit vorziehen, dies sind viel gewichtigere und grundsätzliche Probleme. Insbesondere unser Bemühen darum, die Zunge im Zaum zu halten, kann uns dabei helfen, diese grundlegende falsche Herzenseinstellung in Angriff zu nehmen.

 

Schritte wagen /Die Macht der kleinen Schritte

Ich möchte dir Mut machen, erste Schritte zu gehen: Achte doch in den nächsten zwei Wochen einmal ganz besonders darauf, was über deine Lippen kommt, und beobachte dabei genau, wie du Begriffe wie „gefrustet“ oder andere schwammige Umschreibungen verwendest, um deine Gefühle auszudrücken. Durchdenke genau, was du fühlst und stelle es vor allem in den Kontext, was zwischen dir und Gott geschieht. Pass auch genau auf, wie du das Wörtchen „weil“ gebrauchst. Wenn du dich selbst dabei ertappst, dass du darüber sprichst, wie „hart“ oder „schmerzhaft“ gewisse Umstände waren, so halte kurz inne, um deine ganze Aufmerksamkeit auf das Thema „Gehorsam“ und „Ungehorsam“ zu richten, (denn darauf kommt es an, und hier bist du dazu aufgefordert, dich zu entscheiden). Alles andere stellt lediglich das Bühnenbild dar. Falls du über schwierige Umstände reden musst, so gebrauche statt „weil“ eher Formulierungen wie „wenn auch“ bzw. „selbst wenn“, die weiterhin deine Herzenshaltung in den Mittelpunkt stellen. Lass nach diesen zwei Wochen Ausdrücke wie „Frustriert“ und „Weil“ zwei von hundert werden, während du wie der Psalmist deine Rede überdenkst und hinterfragst. Möge Gott dir grosse Gnade geben, damit „ob du nun isst oder trinkst oder sonst etwas tust, alles zur Ehre Gottes geschieht“ (1.Kor 10,31).
Sei nicht gleich abgeschreckt oder überfordert, was diesen Prozess angeht, denn schon indem du deine Rede näher erforschst und darin überall sündige Muster entdeckst, ist dies bereits ein erster ermutigender Schritt . Ohne dass unser Sündenbewusstsein zunimmt, kann auch Gottes Gnade nicht „noch überschwenglicher“ werden (Röm 5). Gnade wird dadurch „überschwenglicher“, indem uns ein tieferes Sündenbewusstsein noch intensiver in die Busse treibt, und uns zu grösserer Dankbarkeit gegenüber unserem Christus führt, wie er uns so wunderbar vergeben, verändert und befreit hat. (den nächsten Teil würde ich weglassen oder in einen Bibelstudienteil setzen: Wenn du Christ bist, ist Galater 5,16-25 im Rahmen von Römer 8,9 zu verstehen und ebenso 1.Kor 1,30 im Licht von Sprüche 12,18f bzw. Matthäus 12,37.

 

Der geistliche Kampf

Rings um dich her gibt es unsichtbare Mächte, die dich daran hindern wollen, dem Bilde Christi zu entsprechen, nämlich die Welt, dein eigenes Fleisch sowie Satan. Die Bibel fordert uns dazu auf, den Einfluss dieser Mächte zu bekämpfen: Nehmt nicht die Forderungen dieser Welt zum Massstab, tötet die selbstsüchtigen Wünsche in dir, nehmt die Waffenrüstung Gottes und kämpft widerstehe den Mächten des Bösen (Röm 12,1; 8,13; Eph 6,13). Die Bibel weist uns zudem darauf hin, dass dieser Kampf zu einem Grossteil in unserem Wortgebrauch stattfindet. Was wir sagen, spiegelt unsere wahre Herzenshaltung wieder. Wenn wir uns also darum bemühen, gerecht zu leben, müssen wir die besondere Aufmerksamkeit darauf richten, wie wir reden, denn dieses wie gibt den besten Blick in unser Innerstes frei. In geistlichen Kämpfen müssen wir sorgfältig darauf bedacht sein, wie unsere Feinde (Welt, unser Fleisch und Satan) unsere Sprache verdrehen sowie eine rebellische Redeweise normal erscheinen lassen wollen. Es ist nicht einfach, in unserem Reden rein und heilig zu sein. Jakobus macht uns deutlich, dass wir zwar wilde Tiere zähmen können, aber seine Zunge kann kein Mensch zähmen. Ungebändigt und unkontrolliert verbreitet sie ihr tödliches Gift (Jak 3,8). Doch auch hier gilt: Bei den Menschen ist’s unmöglich, aber bei Gott sind alle Dinge möglich! Die Weisheit von oben, umsonst von Gott geschenkt, macht unsere Sprache zu einer erfrischenden Quelle.

Back to top button